Der Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten/ Notarielles Nachlassverzeichnis

Bei dem wichtigsten Instrument, das dem Pflichtteilsberechtigten zur Ermittlung seines Anspruchs zur Verfügung steht, kommt es immer wieder zu erheblichen Streitigkeiten.

Dem Pflichtteilsberechtigten steht gegen den/die Erben ein Anspruch auf Auskunft über den Bestand und die Zusammensetzung des Nachlasses zum Todeszeitpunkt, § 2314 BGB, zu. Diese Vorschrift beinhaltet auch den Anspruch auf Aufnahme eines Nachlassverzeichnisses durch einen Notar.

Immer wieder kommt es zum Streit darüber, wann der Auskunfts– bzw. der Wertermittlungsanspruch erfüllt ist und darüber, wie weit die eigenständigen Ermittlungen des Notars bei der Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses gehen müssen.

In einem Teilurteil des LG Berlin vom 13.11.2018 (Az. 57 O 104/17) stellt das Gericht nunmehr erneut klar, wie weit die Ermittlungspflichten des Notars reichen:

Im zu entscheidenden Fall hatte der Notar den Auskunftsverpflichteten nach Aktiva und Passiva des Nachlasses im In– oder Ausland befragt. Der beauftragte Notar ermittelte den Bestand des Nachlasses unter Einbeziehung des bereits veräußerten Mobiliars bzw. Hausrates aufgrund der Beschreibung des Verpflichteten. Der Wert des veräußerten Pkw wurde anhand von Vergleichsfahrzeugen im Internet ermittelt. Zur Ermittlung des Wertes einer Wohnung auf Mallorca wurde vom Verpflichteten ein zwei Jahre altes Wertgutachten vorgelegt, das der Notar  durch Nachfragen zu Lage und Umgebung auf Plausibilität überprüfte. Für die Ermittlung der Geldbestände wurden dem Notar von Auskunftsverpflichteten Kontoauszüge der im In– und Ausland existierenden Konten vorgelegt. Zudem befragte das Notariat das zuständige Finanzamt über den Kontenstand zum Todeszeitpunkt.

Im Klageverfahren ließ der Auskunftsberechtigte vortragen, das notarielle Nachlassverzeichnis sei unbrauchbar, da das zur Ermittlung des Werts der Wohnung auf Mallorca vorgelegte Gutachten ein Gefälligkeitsgutachten sei, welches den Anforderungen an § 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht genügt.

Im Urteil geht das Landgericht Berlin davon aus, dass durch die Vorlage des tatsächlich vorgelegten notariellen Nachlassverzeichnisses der Auskunftsanspruch noch nicht erfüllt sei. Denn die Vorschrift soll den Pflichtteilsberechtigten vor Verkürzung seines Anspruchs schützen. Aus diesem Grunde sei der Notar zur Durchführung eigener Ermittlungen über den Bestand des Nachlasses verpflichtet und für den Inhalt des Bestandsverzeichnisses verantwortlich. Ein notarielles Nachlassverzeichnis liege daher nur dann vor, wenn der Notar den Nachlassbestand selbst und eigenständig ermittelt hat und durch die Bestätigung des Bestandsverzeichnisses als von ihm aufgenommen, zum Ausdruck bringt, dass er für dessen Inhalt verantwortlich ist. Der Notar dürfe sich demnach nicht darauf beschränken, die ihm vom auskunftspflichtigen Erben gemachten Angaben in seiner Urkunde wiederzugeben und die ihm vom Erben vorgelegten Belege auf Plausibilität zu prüfen, selbst wenn er den Erben darüber belehrt, dass dessen Angaben vollständig und wahrheitsgemäß sein müssen.

Die bloße Beurkundung von Erklärungen des Auskunftsverpflichteten stellt demnach lediglich ein notariell protokolliertes Nachlassverzeichnisses (des Verpflichteten), jedoch gerade nicht ein ordnungsgemäßes notarielles Nachlassverzeichnis dar.

 

Ein notarielles Nachlassverzeichnis muss sich auf Verlangen des Pflichtteilsberechtigten auch auf den fiktiven Nachlass erstrecken, d. h. auf ausgleichungspflichtige Umstände und auf Schenkungen, die einen Pflichtteilsergänzungsanspruch begründen können.

Im Gesetz findet sich keine Regelung dazu, wie weit eigenständige Ermittlungen eines Notars gehen müssen. Diese Frage wird durch die Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet.

Wichtig ist es daher aus Sicht des Auskunft begehrenden Pflichtteilsberechtigten, dem Notar konkrete Hinweise zu geben, in welche Richtung im Rahmen der Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses ermittelt werden soll. Hier kann zum Beispiel angeregt werden, welche Kreditinstitute kontaktiert werden sollen und welche Auskünfte dort erteilt werden sollen. Die Auskunft sollte neben der bloßen Angabe von Aktiva und Passiva des Girokontos zum Todeszeitpunkt auch Angaben über Wertpapiere, Depots, Schließfächer oder etwaige andere Wertanlagen enthalten.

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