Eigener Scheidungsantrag sinnvoll?

Häufig lassen sich Ehegatte im Scheidungsantrag nicht vertreten, um Kosten zu sparen. Grundsätzlich reicht es aus, wenn der Antragsteller anwaltschaftlich vertreten ist. Der andere Ehegatte braucht anwaltschaftlich nicht vertreten sein und muss lediglich mitteilen, ob er dem Scheidungsantrag zustimmt oder nicht. Das kann er selbst machen, ohne das er anwaltschaftlich vertreten sein muss.

Es stellt sich jedoch die Frage, ob es nicht sinnvoll ist, selbst Anträge zu stellen, wobei man dann allerdings anwaltschaftlich vertreten sein muss.

Als besonders krasses Beispiel soll Folgendes gelten:

Grundsätzlich werden Vermögenszuwächse, die nach Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens, also ab dem Zeitpunkt, an dem der Scheidungsantrag dem anderem Ehegatten zugestellt wird, nicht mehr vom Zugewinnausgleich erfasst sondern verbleiben bei  dem Ehegatten allein, der diesen Vermögenszuwachs zu verzeichnen hat. Gewinnt also unser anwaltschaftlich nicht vertretener Ehegatte einen größeren Betrag im Lotto, so unterfällt dieser Gewinnt nicht dem Zugewinnausgleich, mit der Folge, dass der anwaltschaftlich vertretene Antragsteller davon nichts abbekommt. Dies kann der Antragsteller jedoch leicht umgehen, in dem er seinen Anwalt anweist, den Scheidungsantrag zurückzunehmen. Damit ist das Scheidungsverfahren nicht mehr rechtshängig, mit der Folge, dass die Zugewinngemeinschaft „wiederauflebt“. Am nächsten Tag reicht dann der Antragsteller über seinen Anwalt erneut Scheidungsantrag ein, mit der Folge, dass jetzt dieser Lottogewinn in den Zugewinn fällt, da er vor Rechtshängigkeit des (neuen) Scheidungsverfahrens gewonnen wurde.

Dies kann der andere Ehegatte dadurch umgehen, dass er sich von Anfang an selbst anwaltschaftlich vertreten lässt und einen eigenen Scheidungsantrag stellt. Selbst wenn der Ehegatte, der über seinen Anwalt zuerst den Scheidungsantrag stellte, diesen zurücknimmt, ändert dies nichts an der Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens, da der andere (Lottogewinner) Ehegatte seinerseits Scheidungsantrag gestellt hat und somit das Scheidungsverfahren rechtshängig bleibt.

Als weiteres Beispiel mag Folgendes dienen:

Der anwaltschaftlich vertretene antragstellende Ehegatte erfährt kurz nach Antragstellung, dass der andere Ehegatte, der anwaltschaftlich nicht vertreten ist, schwer erkrankt ist und wohl an dieser Krankheit sterben wird. Da das Scheidungsverfahren eingereicht ist und die Voraussetzungen für die Ehescheidung vorliegen, entfällt bereits das Ehegattenerbrecht. Der anwaltschaftlich vertretene antragstellende Ehegatte ist dann gut geraten, sofort den Scheidungsantrag zurückzunehmen, da er dann wieder ehegattenerbberechtigt ist. Selbst wenn der andere Ehegatte, der anwaltschaftlich nicht vertreten ist, den antragstellenden Ehegatten enterbt, verbleibt diesem immer noch der Pflichtteil. Hat der schwerkranke andere Ehegatte jedoch selbst über einen Anwalt Scheidungsantrag gestellt, bleibt das Scheidungsverfahren rechtshängig, mit der Folge, dass das Ehegattenerbrecht ausgeschlossen bleibt, somit auch kein Pflichtteilsanspruch mehr besteht.

Es könnten noch weitere Beispiele aufgeführt werden. Es ist auf jeden Fall sinnvoll, dass jeder Ehegatte sich anwaltschaftlich vertreten lässt und in aller Regel ist es auch sinnvoll, dass jeder Ehegatte über seinen Anwalt einen eigenen Scheidungsantrag stellt und nicht nur Zustimmung zum Scheidungsantrag des anderen Ehegatten erklärt oder ankündigt. Dies nicht nur wegen der oben genannten Gründe sondern auch deswegen, da oft die rechtlichen Tragweiten von Versorgungsausgleich, Zugewinnausgleich und nachehelichen Unterhalt von einer anwaltschaftlich nicht vertretenen Partei juristisch nicht korrekt eingeschätzt werden und somit oft mehr Geld verschenkt wird, als der eigene Anwalt kostet.