Die Erbengemeinschaft

Zu den konfliktträchtigsten Konstrukten des deutschen Erbrechts zählt die Erbengemeinschaft. Diese entsteht automatisch dann, wenn nach einem Erbfall mehrere Personen Erben werden. Dies kann einerseits aufgrund testamentarischer Anordnung oder auch bei gesetzlicher Erbfolge eintreten.

Die Schwierigkeit besteht vor allem darin, dass Personen, die sich das nicht ausgesucht haben, nun – in der Regel – alles  gemeinsam gehört, im Rahmen einer Gesamthandsgemeinschaft.

 

Funktionsweise der Erbengemeinschaft

Zunächst bedeutet das, dass die Miterben (unabhängig von ihrer Quote) nur gemeinsam über Nachlassgegenstände verfügen dürfen.

Wenn etwa eine Immobilie, Wertpapiere oder schlicht ein PKW aus dem Nachlass veräußert werden soll, müssen alle Miterben – auch wenn diese lediglich mit einer winzigen Quote am Nachlass beteiligt sind – zustimmen. Anders formuliert: Ein Miterbe mit einer Erbquote von 1/10 könnte zunächst auch die Veräußerung einer zum Nachlass gehörenden Immobilie verhindern.

Verwaltungsmaßnahmen

Diese Grundsätze gelten zunächst auch für Maßnahmen der Verwaltung des Nachlasses. Wenn zum Beispiel über die Reparatur (oder den Austausch) eines Fensters einer Nachlassimmobilie zu entscheiden ist, ist zu unterscheiden, ob es sich etwa um eine Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung handelt – in diesem Falle wäre ein Mehrheitsbeschluss der Miterben ausreichend. Falls sich keine Mehrheit findet (etwa bei zwei Miterben mit je hälftiger Erbquote) könnte es zum Stillstand kommen. Dann müsste ggf. in jedem einzelnen Fall die Zustimmung des Miterben, der die Maßnahme blockiert, eingeklagt werden.

Der häufigste Grund für die Verweigerung der Zustimmung zu einer Verwaltungsmaßnahme ist die Kostentragung durch den Nachlass, durch den dann indirekt jeder Miterbe (im Anteil seiner Erbquote) die Kosten mitträgt.

Ausschließlich bei sog. Maßnahmen der Notverwaltung ist ein Miterbe zum Alleingang berechtigt, etwa bei der Beauftragung eines Klempners zur Beseitigung eines Wasserrohrbruches, d.h. bei Maßnahmen, die erforderlich sind, um eine Gefahr für den Bestand des Nachlasses abzuwenden.

Am kompliziertesten gestalten sich Maßnahmen, die nicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung gehören, sondern von denen sich einzelne Miterben eine Wertsteigerung eines Nachlassgegenstandes versprechen, z.B. die teilweise Sanierung einer Immobilie (z.B. vor einer Veräußerung). Hier ist wiederum die Zustimmung sämtlicher Miterben erforderlich. Diese sind dann zur Zustimmung verpflichtet, wenn eine Maßnahme objektiv sinnvoll erscheint und tatsächlich zu einer Wertsteigerung führt.

 

Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft

Grundsätzlich ist das Konstrukt der Erbengemeinschaft nicht auf Dauer angelegt, vielmehr soll sie auseinandergesetzt werden, d.h. der Nachlass unter den Miterben aufgeteilt werden.

Manch eine Erbengemeinschaft wird – gewollt oder ungewollt – über Generationen hinweg weitergeführt, wobei  sie im Grundsatz  rechtlich auf ihre zeitnahe Auflösung durch die sogenannte Auseinandersetzung ausgelegt ist. Ausnahmsweise, z.B. wenn der Erblasser es testamentarisch ausdrücklich durch ein Teilungsverbot anordnet, sind die Erben ganz oder teilweise an der Auseinandersetzung der Gemeinschaft gehindert

Vereinzelt ist es auch sinnvoll eine Erbengemeinschaft fortzusetzen, hier ist jedoch der Einzelfall zu beachten.

Es gibt mehrere Möglichkeiten eine Erbengemeinschaft auseinanderzusetzen:

 

Veräußerung des eigenen Miterbenanteils an Miterben oder Dritten

Auch wenn es einem Miterben nicht möglich ist über „seinen quotalen Anteil“ an einzelnen Nachlassgegenständen zu verfügen, so ist er doch dazu berechtigt über seinen gesamten Erbteil, § 2033 BGB, zu verfügen. Als Erwerber kommen in erster Linie die übrigen Miterben in Betracht. Kommt der Verkauf des Erbteils an eine Person außerhalb der Erbengemeinschaft in Betracht, so steht den übrigen Miterben ein Vorkaufsrecht hieran zu. Ein Erbteilskauf ist zwingend notariell beurkundungsbedürftig.

Da ein Notar jedoch lediglich die rechtliche Zulässigkeit der Vereinbarung gegenüber allen Beteiligten prüft, ist es sinnvoll, mit der Gestaltung einen Rechtsanwalt zu betrauen, der ausschließlich die Interessen seines Mandanten im Blick hat.

Persönliche Teilauseinandersetzung, Abschichtungsvereinbarung

Als Alternative zum Erbteilskauf besteht auch die Möglichkeit durch eine Vereinbarung mit den weiteren Miterben – gegen Zahlung einer Abfindung – aus der Erbengemeinschaft auszuscheiden. Diese besteht dann nur noch aus den verbleibenden Miterben. Eine derartige Abschichtungsvereinbarung ist nur dann zwingend notariell beurkundungsbedürftig, wenn durch das Ausscheiden über Immobilien oder Gesellschaftsanteile verfügt wird.

Es besteht kein durchsetzbarer Rechtsanspruch eines Miterben auf die oben beschriebenen Möglichkeiten des Ausscheidens aus der Erbengemeinschaft. Sollte sich kein Abnehmer für den Erbteil finden oder sich keine Einigung mit den Miterben über die Modalitäten eines Ausstiegs finden, so besteht die Erbengemeinschaft bis zu ihrer Auseinandersetzung fort.

 Die Auseinandersetzung: Einigung oder Teilungsversteigerung und Teilungsklage

In allen anderen Fällen bleibt nur die endgültige Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft. Im Optimalfall können sich die Miterben über die Aufteilung des Nachlasses einigen und eine entsprechende Vereinbarung hierüber treffen. Gegebenenfalls kann hier auch (außergerichtlich) durch Verhandlungen durch anwaltlich vertretene Miterben eine Vereinbarung erzielt werden. Die anwaltliche Vertretung ist in diesem Stadium meist wichtig, um die Details der Auseinandersetzung juristisch korrekt zu gestalten und emotionale Konflikte zwischen den Miterben auszuschließen. Gerade in diesem Stadium ist die Beauftragung eines erfahrenen Erbrechtlers wichtig, um Diskussionen um juristisch irrelevante Details auszuklammern und sich auf den Kern der Auseinandersetzung zu konzentrieren. Die Beauftragung eines erfahrenen Erbrechtlers, bestenfalls eines Fachanwaltes für Erbrecht, führt in der Regel zu einer zügigeren und daher meist auch kostengünstigeren endgültigen Auseinandersetzung.

Abhängig von der Art und Zusammensetzung des Nachlasses kann im Einzelfall die schrittweise Auseinandersetzung mit mehreren Teilauseinandersetzungen gegenüber der einen großen Teilauseinandersetzungsvereinbarung vorzugswürdig sein. Ob eine solche schrittweise Auseinandersetzung sinnvoll ist, hängt vom Einzelfall, insbesondere der Zusammensetzung des Nachlasses als auch der Zusammensetzung der Erbengemeinschaft ab.

Die Aufteilung des Barvermögens vor der (streitigen) Übernahme einzelner Nachlassimmobilien erscheint beispielsweise nicht empfehlenswert.

Sollten sich die Miterben über die abschließende Auseinandersetzung des Nachlasses nicht einigen können, so bleibt nur die zwangsweise Liquidierung sämtlicher Nachlassgegenstände – zum Beispiel die Teilungsversteigerung von Nachlassimmobilien – und die abschließende erzwungene Verteilung durch Erhebung einer Teilungsklage.

Häufig findet sich – aus Furcht vor einer Teilungsversteigerung – dann im letzten Moment doch noch eine – erzwungene – einvernehmliche Lösung für die Auseinandersetzung.

 

Die richtige anwaltliche Beratung

Für die erfolgreiche Interessensvertretung bei einer (streitigen) Erbauseinandersetzung bedarf es eines spezialisierten Erbrechtlers. Erbrechtliche Mandate erfordern einen hohen Grad an Spezialisierung und Erfahrung. Dies gilt insbesondere deshalb, da das Erbrecht einerseits sehr komplex und umfangreich ist und in der herkömmlichen Juristenausbildung keine große Rolle spielt.