Doppelter Rechtsschutz bei Kündigung Schwerbehinderter

Wenn ein Arbeitgeber einen schwerbehinderten Arbeitnehmer kündigen will, geht das nicht so einfach. Schwerbehindert ist ein Arbeitnehmer dann, wenn ein anerkannter Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt. Schwerbehinderten Arbeitnehmern gleichgestellt sind solche behinderten Menschen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, sie aber infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlagen oder nicht behalten können.

Will ein Arbeitgeber einen schwerbehinderten Arbeitnehmer oder einen Gleichgestellten kündigen, bedarf er der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes (§ 85 SGB IX). Wenn er diese Zustimmung erhält, kann er dem schwerbehinderten Arbeitnehmer kündigen.

Der Arbeitnehmer tut dann gut daran nicht nur gegen die Kündigung Kündigungsschutzklage einzureichen, sofern die sonstigen Voraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes vorliegen sondern auch gegen die Zustimmung des Integrationsamtes vorzugehen.

Es laufen dann also zwei parallele Verfahren:
Das eine vor dem Arbeitsgericht in I. Instanz, das andere zuerst als Widerspruchsverfahren vor der Verwaltungsbehörde, dann in I. Instanz vor dem Verwaltungsgericht gegen das Integrationsamt.

Da zwei Prozesse geführt werden müssen, benötigt der gekündigte schwerbehinderte Arbeitnehmer dann auch zwei Deckungszusagen seiner Rechtsschutzversicherung. Eine für das arbeitsgerichtliche Verfahren, das andere für das verwaltungsgerichtliche Verfahren und das vorgeschaltete verwaltungsrechtliche Vorverfahren.

Der BGH hat mit Beschluss vom 02.06.2010 (IV ZR 241/09) entschieden, dass die Einleitung des Zustimmungsverfahrens zur Kündigung eines Schwerbehinderten bei dem Integrationsamt durch den Arbeitgeber einen Versicherungsfall darstellt. Die Deckungspflicht der Rechtsschutzversicherung umfasst insoweit nicht nur das Verfahren gegen die Zustimmung sondern auch das Verfahren auf den Abschluss eines Aufhebungsvertrages.

Dabei wies der BGH darauf hin, dass mit Einleitung des Zustimmungsvefahrens der Arbeitgeber den Rechtsschutzfall ausgelöst hat. Das Integrationsamt ist nach Gesetzeslage verpflichtet, in jeder Lage auf eine gütliche Einigung hinzuwirken, was sich auch auf den Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung bezieht. Wegen der daraus sich ergebenden sozialrechtichen Konsequenzen (z. B. Sperre beim Arbeitslosengeld!) besteht für einen Arbeitnehmer insoweit gesteigerter Beratungsbedarf, mit der Folge, dass eine notwendige Interessenswahrnehmung durch einen Rechtsanwalt vorliegt, die von der Rechtsschutzversicherung zu decken ist.

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